Wo klagen? Gerichtsstand bei Internet-Vertragsstreitigkeit

Welches Gericht ist zuständig, wenn ein deutscher Verbraucher eine Urlaubsreise auf einer ausländischen Website bucht und diese mangelhaft ist? Kann er dann vor einem deutschen Gericht klagen oder muss er das in dem Land, aus dem die Website stammt?

Was ist, wenn ein ausländischer Hotelgast seine Übernachtung nicht bezahlt, diese aber zuvor im Internet gebucht hatte? Muss das Hotel den Gast dann in dessen Wohnsitzstaat verklagen?

Oft handelt es ich bei den Betreibern von Websites um Unternehmen mit Sitz im Ausland. Da stellt sich die Frage, welchem Recht deren Angebote unterliegen und vor allem in welchem Land sie zu belangen und verklagen sind. Denn es ist meist mit erhöhtem Aufwand verbunden in einem anderen Land Klage zu erheben, da z.B. eine andere Amtssprache gilt und ein ausländischer Anwalt beauftragt werden muss.

Welcher Gerichtsstand gilt grundsätzlich im Internet?
Bei Internetbuchungen oder –einkäufen ist der Gerichtsstand für Klagen nicht automatisch im Land des Wohnsitzes. Es kommt auf den Willen des Unternehmers an, auch im jeweiligen Land tätig zu sein. So der Europäische Gerichtshof (EuGH).

Der EuGH präzisierte damit die unionsrechtlichen Regeln über die gerichtliche Zuständigkeit für Verbraucherverträge in Fällen, in denen Dienstleistungen im Internet angeboten werden.

Geltende Rechtslage im EU-Recht
Nach der Verordnung der Europäischen Union über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen sind Klagen gegen Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, in der Regel vor den Gerichten dieses Staates zu erheben.

Des Weiteren kann die Klage am Erfüllungsort erhoben werden, d.h. beim Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung aus dem Vertrag erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.

Liegt hingegen ein Verbrauchervertrag vor, gelten besondere Regeln, die den Verbraucher schützen sollen: Hat der Unternehmer seine Tätigkeit auf den Mitgliedstaat „ausgerichtet“, in dem der Verbraucher wohnt, kann der Verbraucher eine etwaige Klage beim Gericht des Mitgliedstaats erheben, in dem er selbst wohnt, und umgekehrt auch nur in diesem Staat verklagt werden.

«Ausrichtung» der Tätigkeit auf andere Staaten
Fraglich ist jedoch, wann ein Internetunternehmer seine Tätigkeit auf ein bestimmtes Land „ausrichtet“? Oder ob bereits darin, dass ein in einem Mitgliedstaat der EU niedergelassenes Unternehmen seine Dienstleistungen über das Internet anbietet, eine „Ausrichtung“ seiner Tätigkeit auch auf andere Mitgliedstaaten liegt? Die Beantwortung dieser Fragen ist deshalb wichtig, da im Fall eines Rechtsstreits dann die günstigeren Zuständigkeitsregeln der Verordnung Anwendung fänden, die dem Schutz der Verbraucher anderer Mitgliedstaaten dienen.

Dazu hat der Gerichtshof nun in zwei Fällen Stellung bezogen und ein Urteil gefällt. In den beiden Rechtsstreitigkeiten geht es um die Frage, ob ein Gewerbetreibender seine Tätigkeit im Sinne der Verordnung auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers „ausrichtet“, wenn er zur Kommunikation mit den Verbrauchern eine Website nutzt.

Wille des Unternehmers ist massgeblich
Der Gerichtshof stellte klar, dass durch die bloße gewerbliche Nutzung einer Website durch einen Unternehmer als solche noch nicht bedeute, dass er seine Tätigkeit auf andere Mitgliedstaaten „ausrichtet“. Vielmehr sei entscheidend, dass der Unternehmer seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern anderer Mitgliedstaaten herzustellen.

Anhaltspunkte für internationale „Ausrichtung“
Anhaltspunkte für den Willen des Unternehmers, auch im jeweiligen Land tätig zu sein, können laut EuGH folgende sein:

  • Alle offenkundigen Ausdrucksformen des Willens, Verbraucher anderer Mitgliedstaaten als Kunden zu gewinnen, beispielsweise das Anbieten von Dienstleistungen oder Güter in mehreren namentlich benannten Mitgliedstaaten.
  • Ausgaben des Unternehmers für Internetreferenzierungsdienste von Suchmaschinenbetreibern, um in anderen Mitgliedstaaten wohnenden Verbrauchern den Zugang zu seiner Website zu erleichtern.
  • Der internationale Charakter der fraglichen Tätigkeit, wie bestimmter touristischer Tätigkeiten.
  • Die Angabe von Telefonnummern mit internationaler Vorwahl.
  • Die Verwendung eines anderen Domänennamens oberster Stufe als dem des Mitgliedstaats, in dem der Gewerbetreibende niedergelassen ist, z. B. „.de“, oder die Verwendung neutraler Domänennamen oberster Stufe wie „.com“ oder „.eu“
  • Die Wiedergabe von Anfahrtsbeschreibungen von einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten aus zum Ort der Dienstleistung.
  • Die Erwähnung einer internationalen Kundschaft, die sich aus in verschiedenen Mitgliedstaaten wohnhaften Kunden zusammensetzt, insbesondere durch die Wiedergabe von Kundenbewertungen.
  • Die Verwendung einer anderen Sprache oder Währung als der im Mitgliedstaat des Gewerbetreibenden üblicherweise geltenden.

Keine Anhaltspunkte seien jedoch die Angabe der elektronischen oder geografischen Adresse des Gewerbetreibenden auf der Website oder die seiner Telefonnummer ohne internationale Vorwahl, denn solche Angaben liessen nicht erkennen, ob der Gewerbetreibende seine Tätigkeit auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten orientiere.

Fazit:
Entscheidend für den Gerichtsstand im Internet ist die „Ausrichtung“ der gewerblichen Tätigkeit. Dabei kommt es auf den Willen des Unternehmers an, im jeweiligen Land tätig zu sein. Anhaltspunkt für den Willen ist, ob der Website und der gesamten Tätigkeit des Unternehmers entnommen werden kann, dass diese ihre Geschäfte auch in anderen Ländern tätigen wollten, bzw. dass sie dazu bereit waren. Der EuGH hat damit ein weitreichendes Urteil für den Online-Handel gefällt. Er präzisierte die unionsrechtlichen Regeln über die gerichtliche Zuständigkeit für Verbraucherverträge im Internet.

Quellen: Gerichtshof der Europäischen Union, Pressemitteilung Nr. 118/10 v. 7. 12. 2010; Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-585/08 und C-144/09 v. 7. 12. 2010;

Rechtsnormen: Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

Gesetzesentwurf: Leistungsschutzrecht für Presseverlage im Internet

Das deutsche Bundesministerium der Justiz legte einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) vor (Bearbeitungsstand: 13.06.2012). Damit soll ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage eingeführt werden, um deren Presseerzeugnissen im Internet besser zu schützen und um eine Gleichstellung der im Online-Bereich tätigen Presseverlage mit anderen Werkvermittlern zu gewährleisten. Ziel des Gesetzes ist es auch, den Presseverlagen den Nachweis der oftmals komplexen Urheberrechte-Kette zu ersparen und ihnen ein originäres Recht an die Hand zu geben.

Der Schutzgegenstand des Leistungsschutzrechtes nach § 87f Abs. 2 UrhG-E sollen nicht die in einem Pressezeugnis enthaltenen Schriftwerke oder anderen Werke wie Licht-, Bewegtbilder oder Grafiken sein, „[…] sondern die zur Festlegung des Presseerzeugnisses erforderliche wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung des Presseverlegers[…]“, so die Gesetzesbegründung des Justizministeriums.

Betroffen von diesem neuen Gesetz wären grundsätzlich alle Content-Provider, die über News-Dienste, Soziale Netzwerke, Blogs, Kurznachrichtendiensten oder sonstige News-Aggregatoren, sog. Text-Snippets verlinken. Diese Text-Schnipsel bestehen aus wenigen Zeilen bzw. Wörtern und beinhalten zumeist den der Inhalt des verlinkten Presseerzeugnisses für den Leser in kurzem Umriss. Der Leser kann sodann bei weitergehendem Interesse an dem entsprechenden News-Thema den Snippet-Link anklicken und den vollständigen Beitrag lesen, wobei der Nutzer bei Aktivierung des Snippet-Links regelmässig auf die dem News-Beitrag zugrundeliegende Zieladresse geleitet wird.

Das Gesetz lässt Fragen zum Schutzbereich offen:

Unklar ist z.B., ob bereits eine verlinkte Überschrift ein „öffentliches Zugänglichmachen“ im Sinne des § 87f Abs. 1 UrhG-E darstellt und damit den Schutzbereich des Leistungsschutzrechts eröffnet oder ob dies erst der Fall ist, wenn neben die Überschrift noch weitere Textauszüge hinzutreten.

Unter Verweis auf die „Paperboy“-Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahre 2003 (Urteil vom 17.07.2003, Az. I ZR 259/00) sei – so die Gesetzesbegründung – eine blosse Verlinkung von Presseerzeugnissen nicht erfasst; diese solle vielmehr weiterhin zulässig sein. Im Paperboy-Urteil hat der BGH entschieden, dass durch das Setzen eines Hyperlinks auf urheberrechtsgeschützte Inhalte auf eine vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachte Website nicht in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes eingegriffen wird. Gemäss BGH ist grundsätzlich auch das Setzen eines Hyperlinks in Form des Deep-Links, d.h. auf eine tieferliegende Seite der Website, zulässig. Der BGH schränkte jedoch seine Rechtsprechung im Jahre 2010 im sog. „Session-ID“-Urteil (Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 39/08) für den Fall ein, dass durch einen gesetzten Deep-Link technische Schutzmassnahmen auf der angelinkten Website umgangen werden.
Es bleibt abzuwarten, wie der Begriff des öffentlichen Zugänglichmachens im Kontext eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger auszulegen sein wird.

Offen ist auch, was unter dem Begriff des „nicht gewerblichen Zwecks“ nach § 87g Abs. 4 UrhG-E und damit als eine gesetzlich zulässige Nutzung zu verstehen ist.
Die Gesetzesbegründung führt hierzu als Beispiel das Betreiben eines Blogs an und differenziert danach, ob der Blog Bezüge zu einer „beruflichen Tätigkeit“ aufweise bzw. der Blogbetreiber mittels Werbeeinblendungen oder der Einblendung eines Bezahl-Buttons eines Micropaymentdienstes seine Unkosten refinanzieren wolle. Diesfalls handele er zu gewerblichen Zwecken. Hingegen solle eine Gewerblichkeit bei jenen nicht gegeben sein, die einen Blog nur als Hobby unentgeltlich und ohne Bezug zur beruflichen Tätigkeit betreiben. Fraglich ist in diesem Zusammenhang beispielsweise, wie private Blogs oder Facebook-Accounts zu werten sind, auf denen Presseerzeugnisses verwendet werden, jedoch die Bezugnahme zur beruflichen Tätigkeit lediglich über einen weiterführenden Link gegeben ist.
Letztlich werden sich hierbei m.E. schwierige Abgrenzungsprobleme ergeben.

Klar ist zumindest, dass das Leistungsschutzrecht für Presseverleger – sofern das Gesetz in Kraft treten sollte – nicht uneingeschränkt gelten wird: So finden die im deutschen Urheberrechtsgesetz verankerten Schrankenbestimmungen, namentlich das sog. Zitatrecht gemäss § 51 UrhG, Anwendung, so der Verweis in § 87g Abs. 4 UrhG-E auf Teil 1 Abschnitt 6 (Schranken des Urheberrechts) des Urheberrechtsgesetzes.

Es bleibt abzuwarten, ob dieser Gesetzesentwurf die parlamentarischen Hürden nehmen wird.

Quellen und weiterführende Informationen:

  • Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 13.06.2012 (Bearbeitungsstand)
  • Deutsches Urheberrechtsgesetz, UrhG, (in der geltenden Fassung)
  • „Paperboy“-Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes vom 17.07.2003
  • „Session-ID“-Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofes vom 29.04.2010

Berufsmusiker kann häusliches Übungszimmer steuerlich absetzen

Das Musikzimmer eines Berufsmusikers in dessen eigener Wohnung stelle ein häusliches Arbeitszimmer dar und ist darum in voller Höhe steuerlich absetzbar. So entschied das Finanzgericht Köln.

Nutzung des Raums zum Einstudieren von Musikstücken
Das Gericht gab der Klage einer freiberuflichen Musikerin statt, die die Kosten für ein häusliches Übungszimmer in Höhe von ca. 3.000 € in voller Höhe als Betriebsausgaben absetzen wollte. Die Finanzrichter entschieden, dass ein Berufsmusiker die Kosten für einen zum Einstudieren von Musikstücken genutzten Raum seiner eigenen Wohnung steuerlich unbeschränkt abziehen könne. Die Abzugsbeschränkungen für ein häusliches Arbeitszimmer sollen insoweit nicht greifen.

Das Finanzgericht Köln widersprach damit der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach auch das Musikzimmer eines Berufsmusikers in dessen eigener Wohnung ein häusliches Arbeitszimmer darstelle, liess jedoch die Revision zum Bundesfinanzhof in München zu.

Fazit:
Berufsmusiker können die Kosten für ein häusliches Übungszimmer in voller Höhe steuerlich absetzen. Gemäß Finanzgericht Köln ist dabei entscheidend, dass das Übungszimmer nicht vorwiegend für die Erledigung gedanklicher, schriftlicher, organisatorischer oder verwaltungstechnischer Arbeiten genutzt wird, sondern in vielfacher Hinsicht eher einem Tonstudio als einem Arbeitszimmer im herkömmlichen Sinne ähnlich sein muss.

Quelle: Finanzgericht Köln, Urteil vom 13.10.2010, Aktenzeichen: 9 K 3882/09.

OLG Nürnberg: CD-Box mit „100 Number 1 Hits“ muss auch Originalhits enthalten

Wo „Number 1 Hits“ draufsteht, müssen auch Originalhits drin sein! Eine CD-Box mit „100 Number 1 Hits“ muss auch solche enthalten – und zwar keine sog. „Re-Recordings“ oder Liveaufnahmen sondern im Original. Handelt es sich nicht um Aufnahmen der ursprünglichen Chart-Hits, muss deutlich darauf hingewiesen werden. So entschied das Oberlandesgericht Nürnberg.

„100 Number 1 Hits“ aus dem Lebensmittel-Discounter
Ein Lebensmittel-Discounter hatte Musik-Cd’s im sogenannten Non-Food-Bereich angeboten. Im Streitfall handelte es sich um eine CD-Box, betitelt mit „100 Number 1 Hits“, die 5 CDs enthielt und sowohl im Internet wie auch in den Geschäftsräumen der Beklagten für einen Verkaufspreis von 4,99 Euro erhältlich war.

CD mit überwiegend „Re-Recordings“
Die insgesamt 100 Titel der CD-Box gaben aber überwiegend nicht die in den damaligen Hitlisten geführten Versionen der Songs wieder, sondern waren sogenannte „Re-Recordings“, also Neueinspielungen eines Titels aus späterer Zeit von einem oder mehreren Mitgliedern der Originalgruppe bzw. des Originalkünstlers, oder es waren Liveaufnahmen. Bei welchen Titeln es sich um „Re-Recordings“ bzw. Liveaufnahmen handelte, konnte der Kunde in der Internetwerbung überhaupt nicht und bei der CD-Box selbst erst erkennen, wenn er die verschlossene Cellophanhülle entfernt, die einzelnen CDs aus der Verpackung entnommen und auf der Rückseite der CD-Hüllen am Ende der Titelaufzählung den in englischer Sprache angebrachten Hinweis gelesen hatte.

Verhalten wettbewerbswidrig: Käufer bekommt nicht die Hits die er erwartet
Dieses Verhalten hielt die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. für wettbewerbswidrig, denn die Verbraucher würden davon ausgehen, dass es sich bei allen Aufnahmen tatsächlich um Aufnahmen der ursprünglichen Hits handele, wie diese in den Charts vertreten waren. Und auch ein auf der CD-Hülle angebrachter gelber Aufkleber „Original Artists. Super Qualität“, der weiter unten und sehr viel kleiner den Hinweis enthielt „Einige Songs dieses Produktes wurden neu eingespielt …“, könne dieses Missverständnis nicht deutlich erkennbar ausräumen. Der Käufer bekomme also nicht die Hits, die er erwarte. Schließlich bedürfe es keiner weiteren Erläuterung, dass die Neueinspielung eines Musiktitels durch eine Musikgruppe, bei der nurmehr ein Mitglied der ursprünglichen Besetzung vorhanden ist und die Instrumentierung und der Sound verändert wurden, nicht mehr mit dem Original-Hit vergleichbar sei.

OLG bejaht Wettbewerbswidrigkeit: Irreführende Werbung!
Dieser Ansicht schloss sich nunmehr das Oberlandesgerichts Nürnberg an. Es genüge nicht, wenn lediglich Melodie, Text und Interpret (Letzterer teilweise) der Hits übereinstimmten. Denn es erwarte „ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums (…)dass ihm bei einer mit „Number 1 Hits“ beschriebenen CD-Box auch die damals in einer der Hitlisten befindlichen (Original-) Versionen verkauft werden“ – gerade darauf beruhe ja die besondere Wertschätzung der Stücke. Dies gelte auch hier, wo der Preis mit knapp ein Euro pro CD nur sehr gering bemessen war. Denn dass Massenartikel zu „Schnäppchen“-Preisen veräußert werden, sei im Discountbereich nicht unüblich.

Und auch der gelbe Aufkleber auf der Verpackung werbe lediglich in großen Lettern für „Original Artists“ und eine angebliche „Super Qualität“. Demgegenüber sei die weiter unten enthaltene Aufklärung über Re-Recordings und Liveaufnahmen in deutlich geringerer Schriftgröße gehalten und „nur für den Verbraucher, der keinerlei Sehschwäche hat, überhaupt noch lesbar“. Das reiche jedenfalls nicht aus, um den berechtigten Vorwurf der irreführenden Werbung zu entkräften.

Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg, Urt. vom 26. Oktober 2010 – 3 U 914/10.

Generalanwalt EuGH: Haftung von eBay bei Markenrechtsverstössen

eBay hafte im Allgemeinen nicht für Verstöße gegen das Markenrecht, die von den Nutzern ihres elektronischen Marktplatzes begangen worden sind. So die Ansicht des Generalanwalts des Gerichtshofes der Europäischen Union Jääskinen.

Wenn eBay jedoch die verletzende Benutzung einer Marke gemeldet worden sei und derselbe Nutzer diese Verletzung fortführe oder wiederhole, könne das den Online-Marktplatz betreibende Unternehmen für haftbar erklärt werden.

L’Oréal, Inhaberin eines breiten Spektrum bekannter Marken, hatte eBay vorgeworfen, an den Markenrechtsverstößen, die von Verkäufern auf dem Online-Marktplatz begangen worden seien, beteiligt zu sein. Durch den Kauf von Schlüsselwörtern in Suchmaschinen, leite eBay ihre Nutzer zu rechtsverletzenden Waren, die auf ihrer Website zum Verkauf angeboten würden.

Der Generalanwalt betont, dass eBay zwar im Allgemeinen von der Haftung für die von ihren Kunden auf ihrer Internetseite gespeicherten Informationen freigestellt sei, gleichwohl aber für den Inhalt der Daten, die sie als Werbende dem Suchmaschinenbetreiber mitteile, hafte.

Indem eBay die Marken von L’Oréal als Schlüsselwörter buche, die die Verbraucher auf den Online-Marktplatz führten, benutze sie demzufolge diese Marken für Waren, die von L’Oréal unter diesen Zeichen vertrieben würden.

Nach Ansicht des Generalanwalts führe die Benutzung der streitigen Marken durch eBay als Schlüsselwörter jedenfalls nicht notwendigerweise zu einem Irrtum des Verbrauchers über die Herkunft der angebotenen Waren. In den Fällen, in denen die Anzeige selbst nicht über die Natur des werbenden Online-Marktplatzbetreibers täusche, sei eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke in Bezug auf die Produkte unwahrscheinlich.

Quelle:

Gerichtshof der Europäischen Union, Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-324/09 „L’Oréal / eBay“; Pressemitteilung Nr. 119/10, Luxemburg, den 9. 12. 2010

Abmahnungen an schweizer Internethändler aus Deutschland

In letzter Zeit werden vermehrt Abmahnungen aus Deutschland an Schweizer Internethändler verschickt, wegen angeblicher oder tatsächlicher Wettbewerbsverstöße. Darin werden hohe Schadensersatzsummen und strafbewerte Unterlassungserklärungen gefordert.

Was können Sie bei Erhalt einer Abmahnung tun? Wie können Sie Abmahnungen künftig vermeiden? Die folgende Checkliste gibt schnelle Antworten.

Inhaltsübersicht:
I. Was ist eine Abmahnung?
II. Abmahnung erhalten – Was tun?
III. Wann ist die Abmahnung berechtigt?
IV. Sind sog. Massenabmahnungen zulässig?
V. Sind bei einer anwaltlichen Abmahnung die Kosten angemessen?
VI. Wie kann man sich gegen eine Abmahnung wehren?
VII. Was wird bei Online-Shops häufig abgemahnt?
VIII. Wie kann ich Abmahnungen künftig vermeiden?

I. Was ist eine Abmahnung?

Eine Abmahnung ist die formale Aufforderung, eine bestimmte Rechtsverletzung künftig zu unterlassen oder eine bestimmte Handlung vorzunehmen. Die Abmahnung ist grundsätzlich ein legitimes Mittel um Unterlassungsansprüche außergerichtlich durchzusetzen.

Die Abmahnung enthält:

  • Den Vorwurf einer Rechtsverletzung.
  • Eine Aufforderung, die Handlung künftig zu unterlassen sowie eine strafbewerte Unterlassungserklärung zu unterschrieben.
  • Eine angemessene Fristsetzung unter Androhung rechtlicher Schritte bzw. der gerichtlichen Durchsetzung.

In Deutschland wird sehr viel abgemahnt. Dort hat sich in jüngerer Vergangenheit eine regelrechte Abmahnwelle entwickelt. Teilweise werden Massenabmahnungen verschickt. Manche sog. „Abmahnanwälte“ sind ausschließlich auf Abmahnungen spezialisiert und machen einen großen Teil ihres Umsatzes damit. Wie in jeder Branche gibt es auch hier schwarze Schafe, die missbräuchlich und unberechtigt abmahnen.

Neben zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen hat die Abmahnung besondere Bedeutung im gewerblichen Rechtsschutz, insbesondere im Wettbewerbsrecht und Urheberrecht sowie im Arbeitsrecht, Markenrecht und Internetrecht.

II. Abmahnung erhalten – Was tun?

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, sollten Sie folgende Chekliste beachten:

  • Protokollieren Sie das Eingangsdatum, d.h. der Tag an dem die Abmahnung bei Ihnen zugestellt wurde.
  • Reagieren Sie rasch und ziehen Sie unverzüglich einen Anwalt zu Rate, der die Abmahnung genau überprüft.
  • Unterschreiben Sie die Unterlassungserklärung bis dahin zunächst nicht.
  • Zahlen Sie die Schadensersatzsumme bis dahin zunächst nicht.

Wenn sie diese Ratschläge beachten, können Sie gegebenenfalls sogar die gesamte Abmahnung abwehren.

III. Wann ist eine Abmahnung berechtigt?

Die Frage, ob die Abmahnung berechtigt ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Das hängt von vielen Faktoren ab und ist in jedem Einzelfall neu zu beurteilen. Daher sollte die Abmahnung im Zweifel unbedingt durch einen Rechtsanwalt geprüft werden.

Es lassen sich jedoch einzelne Fallgruppen darstellen, in denen die Abmahnung stets unberechtigt ist.

Eine Abmahnung ist immer unberechtigt, wenn..

  • eindeutig keine Rechtsverletzung vorliegt.
  • der Abmahnende nicht zur Abmahnung befugt ist.
  • die Abmahnung missbräuchlich erfolgt.
  • es sich bei der Rechtsverletzung um eine Bagatelle handelt, d.h. keine spürbare Beeinträchtigung vorliegt.

IV. Sind sog. Massenabmahnungen zulässig?

Von sog. Massenabmahnungen (auch Serienabmahnung genannt) spricht man bei einer Vielzahl gleich lautender Abmahnschreiben. Diese können missbräuchlich sein, sind jedoch nicht zwangsläufig unzulässig. Zunehmend jedoch kritisieren deutsche Gerichte die Tätigkeit von sog. „Massenabmahnern“. Bereits eine ganze Reihe von Gerichten hat sich inzwischen mit Massenabmahnungen befasst und teilweise divergierende Entscheidungen gefällt.

V. Sind bei einer anwaltlichen Abmahnung die Kosten angemessen?

Die Anwaltskosten in Deutschland bemessen sich nach dem jeweiligen Streitwert (sog. Gebührenstreitwert). Abmahnende Rechtsanwälte versuchen teilweise diesen Streitwert besonders hoch anzusetzen. Dies ist nicht zulässig und muss dann korrigiert werden. Auch deutsche Gerichte werden hinsichtlich der Höhe der Kosten zunehmend sensibler und weisen zu hoch angesetzte Forderungen ab.

VI. Schutz vor Abmahnungen: Wie kann man sich gegen eine Abmahnung wehren?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten eine Abmahnung abzuwehren. Da dies unter Umständen mit erheblichen Risiken verbunden ist, ist es stets ratsam, einen Rechtsanwalt mit der Prüfung des Falles zu beauftragen.

Es kommen folgende Reaktionsmöglichkeiten in Betracht:

  • Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung.
  • Zurückweisung der Abmahnung, wenn keine Rechtsverletzung vorliegt und selbst aktiv zum „Gegenangriff“ übergehen.
  • Vergleichsverhandlungen führen. Diese können im Einzelfall erfolgsversprechend sein.

VII. Was wird bei Online-Shops häufig abgemahnt?

Besonders häufig werden bei Online-Shops folgende Bereiche abgemahnt:

  • Widerrufsrecht im Fernabsatz
  • Markenrechtsverletzungen
  • Urheberrechtsverletzungen
  • Impressum: Insbesondere Verstoß gegen Impressumspflicht und fehlerhafte Angaben
  • Jugendschutz
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
  • Preisangaben: Insbesondere Verstöße gegen die deutsche Preisangabenverordnung (z.B. fehlende Angaben zur Mehrwertsteuer und Versandkosten)
  • Gewährleistungsrecht im Fernabsatz

Die Checkliste ist nicht abschließend. Weitere Abmahngründe müssen in Betracht gezogen werden.

VIII. Wie kann ich Abmahnungen künftig vermeiden?

Bitte warten Sie nicht, bis „das Kind in den  Brunnen gefallen ist“, denn Abmahnungen können Sie teuer zu stehen kommen. Die Chancen zur Vermeidung von Abmahnungen sind gerade bei Online-Shops gut, wenn die Rechtsverstösse früh und richtig erkannt werden.

Als Internethändler sollten Sie sich bereits frühzeitig mit den rechtlichen Themen befassen und Ihren Online-Shop (Webshop, Ebay-Account o.ä.) entsprechend ausgestalten.

Der beste Schutz ist die Prävention: „Man soll den  Brunnen nicht erst zudecken, wenn das Kind  hineingefallen ist“

Abmahnung wegen Facebook-Plug-In

Medienberichten zufolge werden derzeit Online-Händler abgemahnt, weil sie die Social-Plugins („Gefällt mir/ Like-Button“) von Facebook auf ihrer Website verwendet haben, ohne darauf in ihrer Datenschutzerklärung hinzuweisen.

Die Social-Media-Buttons sind in Deutschland datenschutzrechtlich problematisch. Durch deren Einbindung in eine Website wird Facebook erlaubt, personenbezogene Daten der Besucher zu erheben. Jedoch ist die Rechtslage bezüglich der Social-Media-Buttons höchst umstritten.

Es erscheint daher fragwürdig, ob die Abmahnungen überhaupt rechtlich zulässig sind und vor Gericht Bestand haben.


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OLG Stuttgart: Sorgfaltspflichten beim Silvesterfeuerwerk

Alle Jahre wieder beschäftigen sich die Gerichte mit den Folgen des Silvesterfeuerwerks. Häufig geht es dabei um hohe Schadensersatzforderungen. Rechtzeitig zum Jahreswechsel 2010/2011 hat nun das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) auf die mit dem Silvesterfeuerwerk verbundenen Sorgfaltspflichten hingewiesen.

Im vorliegenden Fall war eine Rakete in eine ca. 12 Meter entfernte Scheune, in der Stroh und Getreide gelagert waren, geflogen. Dort war sie explodiert und setzte innerhalb kürzester Zeit das Gebäude in Brand.

Hohe Anforderungen an Sorgfaltspflichten
Das OLG Stuttgart betonte in seinem Urteil, dass an die Voraussicht und Sorgfalt derjenigen Personen, die ein Feuerwerk entzünden würden, grundsätzlich hohe Anforderungen zu stellen seien. Diese müssten einen Standort wählen, von dem aus andere Personen oder Sachen nicht ernsthaft gefährdet würden und fehlgehende Raketen aller Voraussicht nach keinen nennenswerten Schaden anrichten könnten, da ein Fehlstart von Raketen niemals völlig ausgeschlossen werden könne.

Haftung bei Erkennbarkeit
Allerdings hafte derjenige, der die Feuerwerksrakete gezündet habe, für den eingetretenen Schaden mangels Verschulden dann nicht, wenn an einem in der Nachbarschaft befindlichen Gebäude durch eine fehlgehende Feuerwerksrakete ein Brandschaden eintrete und die Gefahr des Eindringens des Feuerwerkskörpers in das Gebäude und eines dadurch ausgelösten Brandes bei aller Sorgfalt nicht erkennbar war.

The same procedure as every year
Da es in der Silvesternacht und am Neujahrstag zulässig und üblich sei, nicht erlaubnispflichtige Feuerwerkskörper zu zünden, müsse man sich als Hausbesitzer auf diesen Brauch – in vernünftigen Grenzen – zum Selbstschutz einrichten. So sei zum Beispiel zu erwarten, dass er in der Silvesternacht und am Abend des 1. Januars Fenster und Türen seiner Gebäude schließe, um Vorsorge vor dem Eindringen von Feuerwerkskörpern zu treffen.

Quelle:

Urteil des OLG Stuttgart, Urteil vom 9. Februar 2010, 10 U 116/09

BVerfG: Verletzung der Rundfunkfreiheit durch Hausdurchsuchung

Durch die Durchsuchung von Geschäftsräumen eines Rundfunksenders wird die Rundfunkfreiheit verletzt. So entschied das deutsche Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Die Verfassungsbeschwerden gegen die Anordnung der Durchsuchung von Geschäftsräumen eines Rundfunksenders und die Sicherstellung seiner Redaktionsunterlagen waren erfolgreich.

Im Rahmen einer Sendung des Rundfunksenders wurde ein Beitrag gesendet, der sich mit angeblichen Übergriffen von Polizeibeamten bei einer Demonstration beschäftigte. Ein unbekannt gebliebener Moderator spielte die Mitschnitte von zwei Telefongesprächen ein, die zwischen einem Pressesprecher der Polizei und einer Person geführt worden waren, die sich in den Telefongesprächen als ein Mitarbeiter des Senders mit Namen vorgestellt hatte. Auf die Strafanzeige des Landeskriminalamtes leitete die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 Abs. 1 deutsches StGB) ein; nach dem Bekunden des Pressesprechers sei eine Aufzeichnung der Telefongespräche nicht vereinbart worden.

Durchsuchung der Geschäftsräume angeordnet
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft ordnete daraufhin das Amtsgericht die Durchsuchung der Geschäftsräume des Rundfunksenders an. Es lägen begründete Tatsachen für die Annahme vor, dass die Durchsuchung zum Auffinden von Beweismitteln führen werde, insbesondere des die Gespräche wiedergebenden Tonträgers, sowie von Unterlagen, die Aufschluss über die Identität des Anrufers und der weiteren Verantwortlichen gäben.

Im Zuge der Durchsuchung wurden Grundflächenskizzen und Lichtbilder von allen Räumlichkeiten der Rundfunkanstalt angefertigt sowie ein Notizbuch und diverse Aktenordner mit Redaktionsunterlagen sichergestellt, von denen die Staatsanwaltschaft vor ihrer Rückgabe teilweise Kopien fertigte.

Verfassungsbeschwerde eingereicht
Darauf wendete sich der Rundfunksender mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnung der Durchsuchung seiner Redaktionsräume. Eine zweite Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen die Entscheidungen, mit denen die Art und Weise der Durchführung der Durchsuchung sowie die Sicherstellung bzw. Beschlagnahme seiner Redaktionsunterlagen bestätigt wurden. Er rügt unter anderem eine Verletzung seines Grundrechts auf Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG).

BVerfG bejaht Verletzung des Grundrechts
Das BVerfG hat in beiden Verfahren nun dem Rundfunksender Recht gegeben und die angegriffenen Entscheidungen aufgehoben, weil sie den Rundfunksender in seiner Rundfunkfreiheit verletzen würden. Die Sache ist damit jeweils zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen worden.

Urteilsbegründung
Das BVerG begründete seine Entscheidung damit, dass das Grundrecht der Rundfunkfreiheit in seiner objektiven Bedeutung die institutionelle Eigenständigkeit des Rundfunks von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen schütze. Von diesem Schutz sei auch die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit umfasst, die es staatlichen Stellen grundsätzlich verwehre, sich einen Einblick in die Vorgänge zu verschaffen, die zur Entstehung von Nachrichten oder Beiträgen führen, die in der Presse
gedruckt oder im Rundfunk gesendet werden. Unter das Redaktionsgeheimnis fallen auch organisationsbezogene Unterlagen, aus denen sich Arbeitsabläufe, Projekte oder die Identität der Mitarbeiter einer Redaktion ergeben.

Sowohl die Anordnung der Durchsuchung der Räume des Beschwerdeführers als auch die fachgerichtlichen Entscheidungen, die die bild- und skizzenhafte Dokumentation der Redaktionsräume und die Mitnahme redaktioneller Unterlagen sowie die Anfertigung von Ablichtungen hiervon als rechtmäßig erachten, greife daher in die Rundfunkfreiheit ein.

Die im Verfahren 1 BvR 1739/04 angegriffenen Entscheidungen zur Anordnung der Durchsuchung liessen eine tragfähige Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der angeordneten Durchsuchung vermissen. Außerdem seien die Ermittlungsbehörden gehalten, eine übermäßige Beeinträchtigung der Rundfunkfreiheit durch den Vollzug der Durchsuchung eines Rundfunksenders zu vermeiden.

Weiter sei zum einen die Erforderlichkeit einer ausführlichen Dokumentation, die Fotografien und Skizzen von allen Räumen des Senders umfasste, nicht ersichtlich. Selbst die Relevanz einer Dokumentation des
Fundortes der sichergestellten Aktenordner sei den angegriffenen Entscheidungen nicht zu entnehmen; dieser sei vielmehr in den gefertigten Skizzen gar nicht vermerkt worden. Zum anderen hätten die Fachgerichte auch hier bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Ermittlungsmaßnahmen die mit ihr verbundenen Beeinträchtigungen der grundrechtlich geschützten Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit nicht in
ihre Abwägung eingestellt.


Quellen:

Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung Nr. 2/2011 vom 5. Januar 2011; Beschlüsse vom 10. Dezember 2010 1 BvR 1739/04, 1 BvR 2020/04.

Zugangsverbot für Touristen in Coffeeshops der Niederlande

Um den Drogentourismus einzuschränken oder sogar zu unterbinden, hat der Gemeinderat von Maastricht den Inhabern von Coffeeshops verboten, Personen, die ihren tatsächlichen Wohnsitz nicht in den Niederlanden haben, den Zutritt zu ihren Einrichtungen zu gestatten. Damit sollen ausländische Touristen ferngehalten werden. Diese Einschränkung sei zulässig, entschied jetzt das höchste europäische Gericht.

Ziel ist Bekämpfung des Drogentourismus
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) führte aus, dass das Verbot, Gebietsfremden den Zutritt zu niederländischen „Coffeeshops“ zu gestatten, mit dem Unionsrecht im Einklang stehe. Diese Beschränkung sei durch das Ziel der Bekämpfung des Drogentourismus und der damit einhergehenden Belästigungen gerechtfertigt, das sowohl auf der Ebene der Mitgliedstaaten als auch auf Unionsebene mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und dem Schutz der Gesundheit der Bürger im Zusammenhang stehe.

Niederlande toleriert Cannabis – Coffeeshops
Die Coffeeshops sind hauptsächlich auf den Verkauf und Konsum von sogenannten „weichen“ Drogen ausgerichtet. Die Niederlande hatten bisher eine Politik der Toleranz gegenüber Cannabis verfolgt und genehmigten solche Einrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen. Daraus hatte sich ein regelrechter „Drogentourismus“ entwickelt, der zu erheblichen Belästigungen der Anwohner führte.

Betäubungsmittel sind in der EU verboten
Das Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln ist jedoch eigentlich in allen Mitgliedstaaten verboten. Auch in den Niederlanden sind der Besitz, der Vertrieb, der Anbau, der Transport, die Herstellung, die Einfuhr und die Ausfuhr von Betäubungsmitteln einschließlich von Cannabis und seiner Derivate gesetzlich verboten (Gesetz über Betäubungsmittel von 1976, „Opiumwet 1976“).

Deshalb – so der EuGH – könne sich der Inhaber eines Coffeeshops hinsichtlich des Verkaufs von Cannabis nicht auf die Verkehrsfreiheiten oder das Diskriminierungsverbot berufen.

Quellen: EuGH Urteil in der Rechtssache C-137/0916. v. 12. 2010, Pressemitteilung Nr. 121/2010

OLG Naumburg: „SUPERillu“ vs. „illu der Frau“ – Keine Verwechslungsgefahr

Der Rechtsstreit „SUPERillu“ vs. „illu der Frau“ wurde nun vom Oberlandesgericht Naumburg (OLG) entschieden. Die Zeitschrift „SUPERillu“ bzw. der dahinter stehende Verlag hatte gegen die Verwendung des Zeitschriftentitels „illu der Frau“ durch einen konkurrierenden Verlag geklagt und in letzter Instanz vor dem OLG wegen fehlender Verwechslungsgefahr nicht Recht bekommen.

LG Magdeburg untersagte Nutzung des Titels
Zuvor hatte das Landgericht Magdeburg in erster Instanz die Nutzung des Zeitschriftentitels „illu der Frau“ untersagt. Das Landgericht hatte angenommen, der Verbraucher verbinde mit „SUPERillu“ gedanklich einen bestimmten Verlag. Es bestehe daher zu Lasten der Klägerin – einem Unternehmen der Hubert Burda Media Holding – eine Verwechslungsgefahr.

Keine Verwechslungsgefahr durch den Titel „illu“
Das hat das OLG Naumburg nun anders bewertet und auf die Berufung die Klage abgewiesen. Der Titel der Beklagten „illu der Frau“ sei der Marke „SUPERillu“ nicht verwechselbar ähnlich. Eine den Zeitschriftentitel prägende Wirkung komme dem Wortbestandteil „illu“ als Abkürzung für „Illustrierte“ nicht zu. Bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft von „SUPERillu“ sei zu berücksichtigen, dass zwischenzeitlich auch andere Zeitschriften mit dem Wortbestandteil „illu“ auf dem Zeitschriftenmarkt erhältlich seien. Der Verbraucher sei einander ähnelnde Zeitschriftentitel auch gewohnt und achte auf Unterschiede. Er schließe nicht von einem ähnlichen Titel auf denselben Verlag.

Quellen: Oberlandesgericht Naumburg, Urt. v. 3. 9. 2010, Az. 10 U 53/09 – Pressemitteilung Nr.: 011/10; Zuvor Landgericht Magdeburg, Az. 7 U 234/09.

AG München: Negative Bewertungen auf Ebay

Auf der Auktionsplattform eBay müssen auch negative Bewertungen hingenommen werden, so lange sie keine unwahren Tatsachen, bloße Schmähkritik oder Beleidigungen enthalten. So entschied das Amtsgericht München.

Anspruch auf Löschung?
Das Gericht hatte darüber zu urteilen, ob negative Bewertungen auf Internetauktionsplattformen gelöscht werden können, bzw. ob ein Anspruch auf Löschung besteht.

Im vorliegenden Fall ging es um den Kauf eines gebrauchtes Notebooks auf eBay. Der Verkäufer nutzte hierzu sein eBay-Konto, das ihn als gewerblichen Verkäufer auswies. In der Artikelbeschreibung gab er an, dass das Gerät aus seinem Privatbesitz als Privatkunde stamme.

Etwas später sandte der Käufer ein Email an den Verkäufer und bat darum das Notebook selbst abholen zu können. Anstelle der vom Verkäufer geforderten Bezahlungsarten „Überweisung“ oder „Paypal“ schlug er daher die Abwicklung des Vertrages über einen Treuhandservice vor.

Am selben Tag noch wies der Verkäufer den Käufer darauf hin, dass eine Abholung des Notebooks nicht möglich sei und bestand auf den angegebenen Bezahlungsarten. Gleichzeitig schrieb er in seiner Email, dass er bei Abgabe einer negativen Bewertung durch den Käufer einen Anwalt beauftragen werde.
Darauf hin gab der Käufer eine negative Bewertung dahingehend ab, dass der Verkäufer gleich mit Anwalt drohe und trotz gewerblicher Seite nur privat verkaufen wolle.
Der Verkäufer erhob deshalb Klage vor dem Amtsgericht München. Er wollte die Löschung dieser Bewertung.

Das Amtsgericht München wies die Klage ab:

Der Inhalt der Bewertung entspräche den Tatsachen und sei daher zulässig. Die Ankündigung einen Anwalt einzuschalten, müsse aus Sicht des Käufers als Drohung gewirkt haben.
Dem verständigen Nutzer dränge sich darüber hinaus auf, dass der Kläger – trotz gewerblich genutzten Accounts – in diesem Fall als Privatmann verkaufen wolle, mit der Folge, dass die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs mit seinen Schutzrechten für die Verbraucher nicht einschlägig wären. Auch diese Bewertung sei daher wahr.

Ein Anspruch auf Löschung der Bewertung würde nur bestehen, wenn die negative Bewertung einen unzulässigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstelle, betonte das Gericht. Dabei sei eine umfassende Güterabwägung zwischen dem Interesse des Klägers an der ungestörten Ausübung seines Gewerbes einerseits und dem Interesse des Beklagten an freier Meinungsäußerung andererseits vorzunehmen. Danach müsse jemand grundsätzlich Äußerungen, die unwahre Behauptungen beinhalten, bloße Schmähkritik oder gar Beleidigungen nicht hinnehmen. Bloße Werturteile und wahre Tatsachenbehauptungen hingegen seien grundsätzlich zulässig.

Quelle: Urteil des AG München vom 16.12.2009, AZ 142 C 18225/09; Pressemitteilung 53/10, 13. Dezember 2010.

OLG Naumburg: Druckauflage eines kostenlosen Anzeigenblattes im Impressum

Die Aussage eines kostenlosen Anzeigenblattes im Impressum, über die Höhe seiner Druckauflage, die für erreichbare Haushalte im Verbreitungsgebiet erscheine, sowie die zahlenmäßige Zuordnung zu zwei Regionen, sei nach deutschem Recht nicht irreführend. Es werde damit nicht die (unrichtige) Vorstellung einer flächendeckenden Verteilung an sämtliche Haushalte zu 100% der Druckauflage erweckt. So entschied das Oberlandesgericht Naumburg (OLG).

Quelle: OLG Naumburg, Urt. v. 23.04.2010, 10 U 54/09; vorgehend LG Magdeburg, Urt. v. 23.09.2009, 36 O 159/09.

BGH: Preisvergleich von Zahnärzten im Internet

Auf einer Internetplattform konnten Patienten einen Preisvergleich zwischen verschiedenen Zahnärzten vornehmen und dadurch die kostengünstigste Behandlung auswählen. Ein Preisvergleich für zahnärztliche Leistungen im Internet sei nicht „berufsunwürdig“ und daher zulässig, entschied der deutsche Bundesgerichtshof. Doch wird damit auch die Qualität der ärztlichen Behandlung gefördert?

Um verschiedene Angebote zu vergleichen können Patienten den Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes auf der Plattform einstellen. Alsdann können andere Zahnärzte innerhalb einer bestimmten Zeit eine alternative eigene Kostenschätzung abgeben. Dem Patienten werden sodann die preisgünstigsten Kostenschätzungen ohne Angabe der Namen und Adressen der Zahnärzte mitgeteilt. Sofern der Patient sich für einen der Ärzte entscheidet, übermittelt die Plattform die Kontaktdaten und kassiert 20% vom Zahnarzt, wenn die Behandlung auch tatsächlich zustande kommt. Zuletzt können die Patienten den Zahnarzt auf der Plattform bewerten, in der sie insbesondere angeben können, ob sich der Arzt an seine Kostenschätzung gehalten hatte.

Gegen dieses Geschäftsmodell hatten mehrere Zahnärzte geklagt und vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht München zunächst Recht bekommen.

Anders entschied jetzt der deutsche Bundesgerichtshof. Danach verstosse die Preisvergleichsplattform nicht gegen ärztliches Berufsrecht und sei daher auch nicht wettbewerbswidrig. Vielmehr diene der Preisvergleich den Patienteninteressen und sei schon deshalb kein „berufsunwürdiges“ Verhalten.

Den Richtern in Karlsruhe zufolge, sei es nicht zu beanstanden, wenn ein zweiter Zahnarzt eine alternative Kostenberechnung vornehme und, sofern sich der Patient daraufhin zu einem Zahnarztwechsel entschließe, auch dessen Behandlung übernehme. Den Richtern in Karlsruhe zufolge, erleichtere das beanstandete Geschäftsmodell ein solches Vorgehen und ermögliche es dem Patienten gerade, weitergehende Informationen zu den Behandlungskosten zu erhalten. Dieses Verhalten verstosse auch nicht gegen den Grundsatz der Kollegialität unter Ärzten und würde deshalb andere Zahnärzte auch nicht auf eine berufsunwürdige Art aus ihrer Behandlungstätigkeit verdrängen.

Fazit:
Das Urteil verschafft mehr Transparenz für die Patienten. Diese können über solche Plattformen ihren Arzt nun auch nach Kostengründen auswählen und mit anderen Angeboten vergleichen. Jedoch muss sich zeigen, ob dadurch auch die Qualität der ärztlichen Behandlung gefördert wird oder ob nur ein Preisdumping zwischen den Ärzten entsteht. Denn der Arzt soll sich auch in Zukunft an dem orientieren was medizinisch notwendig ist und nicht nach merkantilen Gesichtspunkten behandeln. Auf der Plattform wird in einer Art „Internet-Auktion“ die zahnärztliche Leistung im Internet „versteigert“. Der maßgebende Faktor dabei ist der Preis. Die Ärzte geben die Kostenvoranschläge ohne Voruntersuchung des Patienten.

Damit werde das Arzt-Patienten-Verhältnis diskreditiert: „Der BGH gestattet damit, medizinische Behandlungen wie Konsumprodukte versteigern zu lassen“ so der Präsident der Bundeszahnärztekammer in einer aktuellen Stellungnahme.

Quellen: Bundesgerichtshof, Urteil vom 1.12.2010, Az. I ZR 55/08; Pressemitteilung Nr. 230/2010 v. 1.12.2010; Bundeszahnärztekammer, Pressemitteilung v. 02.12.2010

12-Punkte-Papier zum geistigen Eigentum im digitalen Zeitalter

Der deutsche Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd Neumann, hat in Berlin ein 12-Punkte-Papier zum Schutz des digitalen Eigentums vorgelegt. Damit will er den neuen Herausforderungen im digitalen Zeitalter und den damit verbundenen Risiken Rechnung tragen sowie das Urheberrecht reformieren. Im Mittelpunkt sollen dabei weiter die ideellen und materiellen Interessen des Werkschöpfers stehen sowie die Interessen von Nutzern und Verwertern angemessen berücksichtigt werden.

„Wir müssen reagieren!“
„(..)Im digitalen Umfeld (weltweiten Netz) ist es technisch einfach möglich, urheberrechtlich geschützte Werke zu nutzen, ohne die angemessene Vergütung dafür zu entrichten. (..)den Urhebern, ausübenden Künstlern und anderen kreativen Berufen wird der Lohn ihrer Arbeit vorenthalten, ihre wirtschaftliche Existenz bedroht. Wenn es aber nicht mehr möglich ist, von kreativer Arbeit zu leben, wird unsere kulturelle Landschaft verarmen, wird es über kurz oder lang keine kulturelle Vielfalt geben. Wir können deshalb nicht die Hände in den Schoß legen, sondern wir müssen reagieren.“ betonte Kulturstaatsminister Neumann.

Verschärfung der Rechtsfolgen
Bei eindeutigen Rechtsverletzungen müsse außerdem sichergestellt sein, dass illegales Handeln auch ernstzunehmende rechtliche Konsequenzen, wie zum Beispiel eine Abmahnung nach sich ziehe. Zur Verwirklichung der Urheberrechte sei zudem die Mitwirkung aller Verwerter von kreativen Leistungen erforderlich.

Neben der Rolle der Verwertungsgesellschaften geht das 12-Punkte-Papier auch auf Regeln für verwaiste und vergriffene Werke ein und fordert ein besseres Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Weiter wird eine Verschärfung der Haftung von Providern und Portalanbietern im Web gefordert sowie Verbesserungen bei der Sicherung von Vergütungsansprüchen.

Ein guter Vorstoss
„Ohne Urheber keine kulturelle Vielfalt“ hat der Staatsminister richtig erkannt. Insgesamt daher ein guter Vorstoss für den Schutz von geistigem Eigentum, wenn auch nur mit oberflächlich formulierten Forderungen. Eine konkrete Ausgestaltung innerhalb der Gesetze wird nicht angeboten.

Eine Reform des Urheberrechts ist dringend notwendig. Denkbar sind verschiedene Wege. Klar muss jedoch sein, dass das Urheberrecht wieder die Lebensgrundlage von Autoren und Künstlern werden muss und nicht nur den großen Verlagen und Sonys dieser Welt nützt!

Quelle: „Ohne Urheber keine kulturelle Vielfalt“ Zwölf-Punkte-Papier von Staatsminister Bernd Neumann. abrufbar unter: http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2010/11/2010-11-26-bernd-neumann-positionspapier.html

Übernahme von ProSieben/Sat.1 durch Axel Springer

Die geplante Übernahme von den beiden privaten Fernsehsendern durch die Axel Springer AG wird erneut vor Gericht entschieden werden müssen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat die Berufungsentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Die Richter in Leipzig entschieden, dass die medienrechtliche Unbedenklichkeit einer Übernahme von ProSieben/Sat.1 durch Axel Springer AG neu geprüft werden müsse.

Rechtlicher Hintergrund
Nach dem Rundfunkstaatsvertrag muss jede geplante Veränderung von Beteiligungsverhältnissen durch die zuständige Landesmedienanstalt als unbedenklich bestätigt werden. Eine solche Bestätigung darf nicht erteilt werden, wenn das Unternehmen durch die Veränderung der Beteiligungsverhältnisse eine vorherrschende Meinungsmacht erlangt. Erreichen die einem Unternehmen zurechenbaren Programme im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 30 vom Hundert, so wird nach § 26 Abs. 2 Satz 1 des Rundfunkstaatsvertrages vermutet, dass vorherrschende Meinungsmacht gegeben ist.

Gleiches gilt nach § 26 Abs. 2 Satz 2 des Rundfunkstaatsvertrages bei Erreichen eines Zuschaueranteils von 25 vom Hundert, sofern das Unternehmen auf einem medienrelevanten verwandten Markt eine marktbeherrschende Stellung hat oder eine Gesamtbeurteilung seiner Aktivitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, dass der dadurch erzielte Meinungseinfluss dem eines Unternehmens mit einem Zuschaueranteil von 30 vom Hundert im Fernsehen entspricht.

Axel Springer plante Übernahme von privaten Fernsehsendern
Die Axel Springer AG ist ein vor allem in den Bereichen Zeitungen, Zeitschriften, Radio und TV sowie Online-Diensten europaweit agierendes Medienunternehmen. Im August 2005 meldete sie gemeinsam mit den Fernsehveranstaltern SAT.1, ProSieben, Kabel 1, N24 und 9Live bei der beklagten Bayerischen Landeszentrale für neue Medien und bei der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) eine geplante mittelbare Beteiligungsveränderung an und beantragte, deren medienrechtliche Unbedenklichkeit zu bestätigen. Sie beabsichtigte, sämtliche von einer Holding gehaltenen Anteile an ProSiebenSAT.1 zu übernehmen und für die im Streubesitz befindlichen stimmrechtslosen Vorzugsaktien ein öffentliches Übernahmeangebot abzugeben. Die KEK fasste am 10. Januar 2006 den Beschluss, die geplanten Veränderungen von Beteiligungsverhältnissen nicht als unbedenklich zu bestätigen. Nachdem das Bundeskartellamt den Zusammenschluss aus kartellrechtlichen Gründen untersagt hatte, gab die Axel Springer AG ihre Pläne zur Übernahme der Beteiligungen im März 2006 auf.

VG München weist Klage ab
Die Klage der Axel Springer AG auf Erteilung einer medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung wies das VG München ab. Nachdem die Anteile inzwischen an ein anderes Unternehmen veräußert worden waren, beantragte die Axel Springer AG im Berufungsverfahren nur noch die Feststellung, dass die Verweigerung der medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung rechtswidrig gewesen ist. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Berufung zurück, weil die Klage wegen fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig sei.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nun die Berufungsentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Es hat der Axel Springer AG ein fortbestehendes Interesse an einer Sachentscheidung zugesprochen, denn die Klägerin müsse wegen der für sie ungünstigen Entscheidung der Beklagten damit rechnen, von einem potentiellen Veräußerer schon gar nicht als ernsthafter Verhandlungspartner für eine etwaige künftige Übernahme in Betracht gezogen zu werden.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof werde bei seiner erneuten Entscheidung sich mit der Sache zu befassen haben und dabei berücksichtigen müssen, dass der KEK bei ihrer Beurteilung der vorherrschenden Meinungsmacht nach § 26 des Rundfunkstaatsvertrages ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zukomme. Die in § 26 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages genannten Vom-Hundert-Anteile zur Gewichtung von Zuschaueranteilen bei der Meinungsmacht eines Unternehmens hätten den Rang von Regelbeispielen, deren Einschlägigkeit im Einzelfall zu beurteilen sei.

Quelle: BVerwG, Urteil vom 24. November 2010, Aktenzeichen: 6 C 16.09

OLG Koblenz zu: Wasserschäden an Kunstwerken

Oberlandesgericht Koblenz verneint Haftung des Vermieters für eingelagerte Kunstwerke. Ein Mieter, der einen Kellerraum zur Einlagerung von eigenen Kunstwerken gemietet hat, könne vom Vermieter nicht ohne weiteres Schadensersatz verlangen, wenn die Werke infolge eines Wasserrohrbruchs beschädigt werden. Das hat das Oberlandesgericht Koblenz in einem Berufungsverfahren entschieden.

Freischaffender Künstler hatte geklagt
Geklagt hatte ein freischaffender Künstler, der einen Lagerraum im Keller eines Anwesens im Landkreis Mainz-Bingen zu einer jährlichen Miete von 1800 Euro gemietet hatte und dort zahlreiche von ihm gefertigte Reliefs lagerte.

Wassereintritt in den Kellerräumen wegen Rohrbruch
Nachdem ein Rohr an der Anschlussstelle der Heizung zum Ausdehnungsgefäß gebrochen war, kam es zu einem Wassereintritt in den Kellerräumen des Anwesens. Das austretende Wasser sammelte sich in dem vom Künstler angemieteten Raum, der circa 75 cm tiefer liegt als die anderen Kellerräume. Die Vermieterin ließ umgehend das Wasser abpumpen; außerdem wurde damit begonnen, die zum Teil in Folie verpackten Reliefs des Künstlers ins Trockene zu bringen.

Wasserschäden in Höhe von 200.000 Euro
Durch die Wassereinwirkung waren insgesamt 141 seiner Werke so beschädigt worden, dass sie nun unverkäuflich seien. Insgesamt sei ihm ein Schaden in Höhe von mehr als 200.000 Euro entstanden. Der Künstler hat die Vermieterin deshalb auf Zahlung eines Teilbetrags in Höhe von 10.000 Euro nebst Zinsen in Anspruch genommen.

LG Mainz bejahte Schadensersatz
Das Landgericht Mainz hat eine Schadensersatzhaftung der Vermieterin dem Grunde nach bejaht und deshalb ein Grundurteil erlassen; über die Höhe des eingetretenen Schadens sei noch nachfolgend Beweis zu erheben.

OLG Koblenz wies Klage ab
Gegen das Grundurteil hatte die Vermieterin Berufung eingelegt. Der zuständige 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat nun den Schadensersatzanspruch abgelehnt und die Klage abgewiesen.

Keine Grundlage für Vermieterhaftung
Die Vermieterin schulde dem Künstler keinen Schadensersatz, weil eine Grundlage für eine Vermieterhaftung nicht gegeben sei. Ein Vermieter sei lediglich zu denjenigen Maßnahmen verpflichtet, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend erachte, um andere vor Schäden zu bewahren.

Keine gesetzliche Pflicht zur Wartung
Im Hinblick auf den Rohrbruch treffe die Vermieterin kein Verschulden. Die Bruchstelle befinde sich in einem Bereich, der nicht der Überprüfung durch den Schornsteinfeger unterliege und für den gesetzliche Verpflichtungen zur Wartung nicht ersichtlich seien. Eine generelle Pflicht des Vermieters, Leitungen ohne konkreten Anlass einer Generalinspektion zu unterziehen, bestehe nicht. Da die Vermieterin die Heizungsanlage durchaus Überprüfungen unterzogen habe – zuletzt am 30. Januar 2007 – und Anhaltspunkte für Schadensanzeichen nicht gegeben seien, habe die Vermieterin diesen Anforderungen genügt.

Informationspflicht hat nicht bestanden
Darüber hinaus hätte eine Pflicht zur früheren Information des Künstlers unter Zurückstellung anderer notwendiger Maßnahmen nur dann bestanden, wenn die Vermieterin Kenntnis davon gehabt hätte, dass in dem Keller Kunstwerke von erheblichem Wert gelagert worden seien. Dies konnte der Künstler jedoch nicht beweisen.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 30. September 2010, Aktenzeichen: 2 U 779/09

BGH: Weniger Pflichten für Online-Shops

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Pflichten zur Angabe von Endpreisen und Versandkosten im Internethandel gelockert.

Internethändler müssen auf Liefer- und Versandkosten nicht an prominenter Stelle hinweisen. Es genüge demnach, wenn die Informationen zur Mehrwertsteuer und Versandkosten auf einer gesonderten Seite angegeben würden und nicht mehr zwingend auf derselben Seite, auf der die Ware angeboten und der Preis genannt wird, hat der BGH in Karlsruhe entschieden.

Nach der deutschen Preisangabenverordnung ist ein Versandhändler dazu verpflichtet, zusätzlich zum Endpreis der Ware anzugeben, dass die geforderten Preise die Umsatzsteuer enthalten und ob zusätzliche Liefer- und Versandkosten anfallen. Er ist außerdem verpflichtet, diese Angaben dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte ein Handelsunternehmen seinen Internetauftritt so gestaltet, dass die Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Liefer- und Versandkosten weder auf der ersten sich öffnenden Internetseite mit der Abbildung und Beschreibung der beworbenen Produkte noch auf einer anderen Seite mit näheren Angaben zu den jeweiligen Produkten zu finden waren, sondern nur unter den Menüpunkten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Service“ sowie nach dem Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb. Wollte ein Internetnutzer sich vor Einleitung des Bestellvorgangs über die von der Preisangabenverordnung vorgeschriebenen Angaben informieren, musste er von sich aus die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die Angaben unter „Service“ durchsuchen.

Ein Wettbewerber hatte dies beanstandet und das Handelsunternehmen auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz verklagt. Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg hatten der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Liefer- und Versandkosten müssten auf derselben Internetseite wie der Preis unmittelbar bei der Abbildung oder Beschreibung der angebotenen Waren stehen.

Der Bundesgerichtshof hat nun zwar bestätigt, dass der beanstandete Internetauftritt des beklagten Versandhändlers den gesetzlichen Anforderungen nicht entspreche. Er hatte jedoch der Auffassung der Vorinstanzen widersprochen, die Preisangabenverordnung nötige dazu, die zusätzlichen Hinweise auf die Umsatzsteuer und die Liefer- und Versandkosten auf derselben Internetseite zu geben, auf der die Ware angeboten und der Preis genannt werde. Dem Internetnutzer sei bekannt, dass im Versandhandel neben dem Endpreis üblicherweise Liefer- und Versandkosten anfielen. Er gehe auch als selbstverständlich davon aus, dass die angegebenen Preise die Umsatzsteuer enthielten. Es genüge daher, wenn die fraglichen Informationen alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben würden, die der Internetnutzer bei näherer Befassung mit dem Angebot noch vor Einleitung des Bestellvorgangs aufrufen müsse.

Fazit:
Das Urteil des BGH ist gut für Online-Shop-Betreiber und verhindert Abmahnungen. In der Vergangenheit hatten vermeintliche Verstöße gegen die deutsche Preisangabenverordnung im Web zu einer missbräuchlichen Abmahnwelle geführt. Auch schweizer Internethändler müssen ihren Online-Shop nach deutschem Recht gestalten, insofern sie auch nach Deutschland verkaufen.

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 4. Oktober 2007 – I ZR 143/04.

BGH: Tabakwerbeverbot gilt auch für Imagewerbung

Das Verbot, für Tabakerzeugnisse in der Presse zu werben, gilt auch für sog. Imagewerbung, d.h. Anzeigen, in denen sich ein Zigarettenhersteller unter Bezugnahme auf seine Produkte als verantwortungsbewusstes Unternehmen darstellt, ohne direkt für den Absatz seiner Produkte zu werben. So hat der deutsche Bundesgerichtshof entschieden.

Ein Unternehmen, das verschiedene Tabakmarken in Deutschland vertreibt, hatte eine Anzeige im „Vorwärts“ veröffentlicht, mit der groß herausgestellten Überschrift „Unser wichtigstes Cigarettenpapier“ und dem folgenden Text:

„Bestellen Sie unseren Social Report. Immer noch gibt es Unternehmen, die unreflektiert Augenwischerei betreiben und die Dinge nicht so sehen wollen, wie sie sind. BAT stellt sich nicht nur den kritischen Fragen, sondern beweist Engagement mit vielfältigen Taten. Wie wir uns konkret mit der Problematik des Cigarettenkonsums auseinander setzen, können Sie jetzt im aktuellen Social Report nachlesen. Sie finden ihn auf unserer Homepage www. … oder Sie fordern eine kostenlose Printausgabe an unter Fax …“

Unter diesem Text waren die von dem Unternehmen in Deutschland vertriebenen Zigarettenmarken kleingedruckt aufgeführt.

Dagegen klagte der Verbraucherverband. Er beanstandete diese Anzeige als Verstoß gegen das gesetzliche Verbot, für Tabakerzeugnisse in der Presse zu werben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat der Klage nun stattgegeben. Mit der Anzeige werde – so der BGH – nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für seine Tabakerzeugnisse geworben. Das Tabakunternehmen stelle sich in der Anzeige als verantwortungsbewusstes Unternehmen dar, das sich engagiert durch vielfältige Taten mit der Problematik des Zigarettenkonsums auseinandersetze. Die Leser der Anzeige würden eher die Produkte eines solchen Unternehmens kaufen als die eines Wettbewerbers, der sich über die Gefahren des Rauchens keine Gedanken mache.

Spätestens durch die Nennung der Zigarettenmarken am Ende der Anzeige könne der Leser die angepriesenen Vorzüge auch konkret mit Produkten in Verbindung bringen, die er kaufen könne. Damit sei zumindest eine indirekte Werbewirkung gegeben, die für die Anwendbarkeit des Tabakwerbeverbots ausreiche.

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. November 2010, Aktenzeichen: I ZR 137/09.

BGH: Pressefreiheit vs. Persönlichkeitsrecht

Die Werbekampagne mit Günther Jauch war zulässig. Die Werbung mit der Abbildung einer prominenten Person auf dem Titelblatt einer Zeitung ist ausnahmsweise auch ohne Einwilligung der abgebildeten Person zulässig, wenn sie dem Zweck dient, die Öffentlichkeit über das Aussehen und die Ausrichtung einer neuen Zeitung zu informieren. So entschied der deutsche Bundesgerichtshof und stärkt damit das Grundrecht der Pressefreiheit.

Potraitfoto ohne Einwilligung veröffentlicht

Im Streitfall hatte das neue Magazin „Markt & Leute“ auf der Titelseite ein Portraitfoto von Günther Jauch veröffentlicht mit der Überschrift „Jauchs Hochzeit nicht völlig tabu“. Dies erfolgte allerdings ohne Einwilligung von Günther Jauch. Die Ausgabe sollte als sog. Nullnummer (=Vorabausgabe als Werbung) lediglich als Einführungswerbung für das Magazin dienen und wurde als gedruckte Zeitung und online im Internet angeboten.

Dagegen klagte Günther Jauch auf Schadensersatz. Er war der Ansicht, die Verwendung seines Bildnisses und Namens in der Werbung für das Magazin verletze sein Recht am eigenen Bild und Namen.

Dem folgte der Bundesgerichtshof jedoch nicht und wies die Klage ab.

Die Prüfung, ob die in der Werbekampagne der Beklagten verwendete Fotografie von Günther Jauch als Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S. von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ohne seine Einwilligung verbreitet werden durfte, erfordere – so der BGH – eine Abwägung zwischen dem Interesse des Abgebildeten am Schutz seiner Persönlichkeit und dem von dem Magazin wahrgenommenen Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht durch die Abbildung eines Porträtfotos sei hier vergleichsweise geringfügig, weil das Magazin damit lediglich die Aufmerksamkeit der Werbeadressaten auf ihre Zeitung gelenkt habe, ohne den Werbewert oder das Image von Herrn Jauch darüber hinaus auszunutzen oder sein Ansehen zu beschädigen. Das Magazin könne sich demgegenüber auf das vom Grundrecht der Pressefreiheit geschützte Interesse berufen, die Öffentlichkeit mit der Abbildung einer Titelseite über die Gestaltung und den Inhalt ihres geplanten Magazins zu informieren.

Der Bundesgerichtshof  hat seine Auffassung bekräftigt, die Pressefreiheit werde übermäßig eingeschränkt, wenn ein Verlag, der für eine künftig erscheinende Zeitung in zulässiger Weise mit der Abbildung einer beispielhaften Titelseite werbe, verpflichtet sei, Beiträge zu Themen zu veröffentlichen, die zum Zeitpunkt des Beginns der Werbekampagne aktuell seien, zum Zeitpunkt des Erscheinens der Erstausgabe aber möglicherweise überholt seien (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2009 – I ZR 65/07, GRUR 2010, 546 – Der strauchelnde Liebling).

Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. November 2010 – I ZR 119/08